Aktueller Kommentar von Dr. Koch 20.06.2025

Dauersubventionen sind zu teuer 

Über die verzerrenden Folgen von Subventionen habe ich an dieser Stelle mehrfach geschrieben. Aber die Subventionswirtschaft prägt leider das Denken der politischen Entscheider auch in diesen Tagen. Begrenzte staatliche Finanzmittel müssen aber profitables Wachstum bewirken und dürfen nicht zu dauernder Verzerrung ehrlicher Preise führen. Wird diese Regel über längere Zeit verletzt, mutiert der Geldeinsatz für die Begünstigten immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Staatshaushalte werden überproportional belastet und der Druck auf effizientere alternative Angebote erlahmt. Aber nur aus diesem Kampf um bessere und in sich profitable Angebote entsteht dauerhaftes Wachstum. Subventionen können im Idealfall Innovationen anschieben, verzerren aber auf lange Sicht den Markt und hemmen langfristig den Wettbewerb. 

Anhand zweier Beispiele – der Förderung von Solarstrom durch lange Einspeisevergütungen und dem Deutschlandticket im öffentlichen Nahverkehr - kann man die Gefahren der „Subventionswirtschaft“ gut erkennen.  

Praxisbeispiel: Solarstrom  

Nehmen wir die Solarförderung über Einspeisevergütungen, wie sie seit Anfang dieses Jahrhunderts über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt wurde. Nach Berechnungen des Bundesrechnungshofes erwuchsen daraus bis zum Jahr 2024 kumulierte Förderzusagen auf über 400 Milliarden Euro. Bis heute sind davon ungefähr 270 Milliarden ausgezahlt. Seit den 2000er-Jahren erhalten Betreiber von Photovoltaikanlagen nach dem EEG für 20 Jahre einen festen Vergütungssatz pro kWh Solarstrom, den der Netzbetreiber abnehmen muss. Diese langfristige Garantie gab Investoren Planungssicherheit und trug zu einem Boom bei der Photovoltaik bei. 
 
Allerdings kamen mit dem Erfolg auch hohe Kosten auf die Allgemeinheit zu. Die Vergütungssätze der frühen Jahre – oft ein Vielfaches des Marktstrompreises – mussten finanziert werden. Anfangs zahlten Stromkunden dies über die EEG-Umlage; seit 2022 trägt der Bundeshaushalt die gesamte EEG-Fördersumme. Im Jahr 2024 betrug der Finanzbedarf für erneuerbare Energien rund 21 Milliarden Euro, wovon fast die Hälfte (über zehn Milliarden Euro) allein auf Solarstrom entfiel. Der Großteil dieses Betrags entsteht durch ältere Anlagen, für die der Staat noch langfristig garantierte Vergütungen zahlt – auch wenn diese inzwischen über dem aktuellen Marktpreis liegen. So wird deutsche Solarenergie 2024 im Schnitt mit ca. 19,8 Cent pro kWh subventioniert – weit mehr als Windkraftanlagen – weil die älteren Solaranlagen noch hohe Fördertarife genießen.  

 

Praxisbeispiel: Deutschland-Ticket 

Ein sehr aktuelles Beispiel für eine stark subventionierte Innovation ist das Deutschlandticket. Zum Start kostete es, nach dem Corona-Ticket von neun Euro, 49 € im Monat – ein Bruchteil dessen, was viele Pendler zuvor für Monatskarten zahlen mussten. Der Preis war politisch gesetzt. Der Erfolg beim Publikum ist unbestritten, doch die Finanzierungslast ebenfalls. Im ersten Jahr nutzten rund 13–13,5 Millionen Menschen das Deutschlandticket. Die Folge: erhebliche Einnahmeausfälle für Verkehrsverbünde, da viele von den teureren Tarifen auf das günstige Ticket umgestiegen sind. Bund und Länder teilen sich die Kosten: Derzeit zahlt der Bund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr und die Länder zusammen ebenfalls 1,5 Milliarden Euro, um die Verluste der Verkehrsunternehmen auszugleichen. Das entspricht 230 Euro Subvention pro Nutzer jährlich. 

Trotz der politischen Preiserhöhung auf nun 58 Euro bleibt das Angebot stark subventioniert. Die Debatte um die Finanzierung ist in vollem Gange. Die Nahverkehrsunternehmen bestellen Fahrleistungen ab und freuen sich, dass derzeit durch Baumaßnahmen oder Personalmangel unmögliche Fahrleistungen nicht bezahlt werden müssen. Mehrere Bundesländer signalisierten, dass sie keine zusätzlichen Mittel aufbringen können. Der Berliner Bürgermeister Kai Wegner kritisierte: Das Ticket sei „gut gemeint, aber teuer für den Bund und die Länder“ – solche Wohltaten könne man sich nicht dauerhaft leisten. Auch andere Ländervertreter sprechen vom drohenden „Todesstoß“ für das Ticket, falls keine nachhaltige Finanzlösung gefunden wird. 

Dann zeigt sich die Tücke dauerhafter Subventionen: Einmal eingeführt sind sie politisch schwer zurückzunehmen, auch wenn sich die Finanzierungslücke Jahr für Jahr vergrößert. Ein politischer Impuls droht zur politischen, vor allem auch wirtschaftlichen, Ewigkeitslast zu werden. 

Der Weg aus der Subventionsfalle ist politisch schmerzhaft 

Dies sind nur zwei Beispiele. Angesichts der genannten Risiken stellt sich die entscheidende Frage: Wie kann der Staat Innovationen fördern, ohne in eine Subventionsfalle zu tappen? Die Kunst liegt darin, das richtige Maß zu finden – genug Unterstützung, um sinnvolle Neuerungen auf den Weg zu bringen, aber nicht so viel, dass dauerhafte Abhängigkeiten entstehen.  

Für die beispielhaft geschilderten Bereiche bedeutet die Befreiung aus der Subventionsfalle harte Einschnitte. Beim EEG ist der Rückwärtsgang eingelegt. Die Absurdität, dass nicht benötigter Strom erst eingekauft wird, um dann mit negativen Strompreisen ins Ausland weitergegeben zu werden, kostet Milliarden. Die Zahl der Solarpanels ist heute eher zu groß geworden. Der bisher höchste gemessene Stromverbrauch (Spitzenlast) in Deutschland lag bei etwa 77,56 Gigawatt. Die installierte Leistung an Solarstrom in Deutschland hat 2024 jedoch die 100 Gigawatt überschritten. Ohne Windräder und alle anderen Quellen. Spätestens vor zehn Jahren hätten Einspeisegarantien enden müssen, einmalige Zuschüsse beim Bau der Solar-Panels in den ersten Jahren wären weitaus preiswerter und besser gewesen als eine ideologisch geprägte und sehr teure Überversorgung. Es wird die Aufgabe der Bundesregierung sein, so schnell wie möglich die Preisgarantien zu beenden. Sonst werden wir den offensichtlichen Unsinn der Kombination von unerträglich hohen Strompreisen und irrsinnigen Subventionen für überflüssigen Strom nicht beenden. 

Bei den Tarifen für den Nahverkehr ist das für die Politik noch schwieriger und in Wahrheit will da wohl auch niemand vorangehen. Die Preiskalkulation muss an die Verkehrsunternehmen zurückgegeben werden. Die Verkehrsverbünde in Deutschland sollten sich zusammenschließen und ein Deutschland-Ticket entwickeln, dessen aktuelle drei Milliarden Euro Zuschüsse in den kommenden Jahren auslaufen. Das ist schon deshalb nötig, weil – wie beim Strom – im Wesentlichen eine Fehlsteuerung subventioniert wird. Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) stellt fest: „Was es noch nicht geleistet hat und vielleicht auch noch nicht leisten konnte, ist, wirklich einen Beitrag dazu zu leisten, mehr Menschen vom Auto auf den ÖPNV zu holen“. Abgesehen davon, dass seine Wirkung ohnehin nur auf die Ballungsregionen begrenzt bleibt. Mit den gleichen Mitteln die Frequenz der Verbindungen zu erhöhen, im ländlichen Raum moderne und dezentrale Rufbus-Systeme zu installieren und Umsteigeoptionen für Pendler aus dem Umland der Großstädte zu schaffen, käme dem öffentlichen Auftrag näher und da wäre schon eine Milliarde Euro im Jahr eine Menge Geld. 

Innovationen müssen fliegen lernen, anstatt auf Krücken zu gehen 

Die zentrale Herausforderung besteht darin, Innovationen so zu fördern, dass sie fliegen lernen und sie nicht auf Dauer an Krücken gehen zu lassen. Dauersubventionen – mögen sie noch so gut gemeint sein – können den geförderten Projekten langfristig sogar schaden, indem sie Marktdisziplin und Kostenbewusstsein erodieren lassen. Es bedarf sorgfältiger Abwägung, ob und wie lange der Staat eingreifen sollte. Es wäre gut für Deutschlands Finanzen, für Deutschlands Innovationsfähigkeit und für die Ehrlichkeit bei wünschenswerten Prioritäten, wenn Subventionen nicht langfristig die Volkswirtschaft prägen. Eine nachhaltige Konsolidierung der Staatshaushalte kann an dieser Aufgabe nicht vorbeigehen.