Aktuelles von Dr. Koch 27.06.2025
Diese Schulden werden gefährlich hoch
Es bleibt ein schwieriges Thema, das uns lange begleiten wird. Ich meine die neuen Schuldenberge, die in Deutschland wachsen und vor zwei Tagen durch den Bundeshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung sichtbar geworden sind.
Es hätte keine politische Mehrheit für die den steigenden Schulden zugrunde liegende Verfassungsänderung gegeben, wenn die CDU und CSU bei ihrer sehr lange Zeit vertretenen Position geblieben wäre. Die „schwarze Null“ der letzten Jahre hat finanzpolitische Spielräume geschaffen, trotz der Entscheidungen bei einer hoffentlich noch vertretbaren Gesamtverschuldung von sichtbar unter 100 Prozent unseres Volkseinkommens zu bleiben. Putins bewiesene Kriegslust und die Zweifel an Trumps Willen, die Freiheit Europas unter allen Umständen zu verteidigen, bringen die stabile Finanzordnung ins Wanken. Das ist unvermeidlich, und die 500 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden auf Rechnung der SPD und vieler Akteure der Finanzindustrie – und teilweise auch der Wissenschaft – sind eben der Preis.
Konsumausgaben verboten
Nun gibt es zwei Herausforderungen beim Umgang mit den Schulden. Sie sind ökonomisch nur vertretbar, wenn sie die Konsumausgaben auf allen staatlichen Ebenen nicht erhöhen. Parallel muss zwingend eine Strategie festgelegt werden, um im kommenden Jahrzehnt zu den vernünftigen Grenzen der Gesamtverschuldung von 60 Prozent des Volkseinkommens zurückzukommen. Beides ist derzeit in den Plänen der Bundesregierung, insbesondere im jetzt vorgelegten Entwurf des Haushaltsplanes, nicht gesichert.
Das schnelle Wachstum des Verteidigungshaushalts ist gerechtfertigt. Seine Verdreifachung in fünf Jahren ist die richtige Antwort auf die lange Zeit leichtfertig unterschätzten Bedrohungen. Kaum vertretbar ist dagegen, diesen gigantischen Zuwachs nahezu vollständig mit weiteren, milliardenschweren Schulden zu finanzieren. In ein paar Jahren wird die Rechtfertigung dafür nicht mehr sehr plausibel sein. Das bedeutet vereinfacht, die Finanzierung muss in jedem Haushaltsjahr um mindestens zehn Milliarden Euro vom Schuldentitel in den normalen Haushalt verschoben werden. Wenn man damit nicht sofort anfängt, wird das wieder zu einem unüberwindlichen Hindernis, um solide Finanzwirtschaft zu betreiben.
Aus den Schulden durch neue Finanzierungsmodelle mehr herausholen
Die 500 Milliarden Euro werden verschwendet, wenn sie nur eins zu eins in Baumaßnahmen ankommen. Mit dem Einsatz der Mittel als Eigenkapital für private Finanzierungsmodelle können über die Jahre aus 500 Milliarden Euro durchaus 1.500 Milliarden werden – allerdings nur bei sorgfältiger Risikoabwägung und transparenter Kontrolle. Dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden: bei der Autobahngesellschaft, der Deutschen Bahn, aber auch im Schulbau und bei den Krankenhäusern. Problematisch wird es, wenn die Mittel für schon eingeplante Projekte eingesetzt oder wenn bisheriger Konsum als Investition deklariert wird. Diese Gefahren bestehen beim Bund, besonders aber bei den Mitteln für Länder und Gemeinden. Denn gerade dort ist die Not groß, die konventionellen Aufgaben zu erfüllen. Das gilt für die Personalkosten der Länder ebenso wie für die hohen Sozialausgaben der Kommunen. Zur Lösung dieser Probleme darf kein Cent der neuen Schulden ausgegeben werden! Das ist ein Gebot der haushaltspolitischen Solidität – und außerdem im Grundgesetz verankert. Regierung und Bundestag müssen in den kommenden Wochen Klarheit schaffen, denn es gibt berechtigte Zweifel: Sind die 30 Milliarden Euro für die Deutsche Bahn, die seit fünf Jahren im Haushalt eingeplant sind, tatsächlich zusätzliche Mittel? Und was bringt es, den Kranken- und Pflegekassen jährlich vier Milliarden Euro als Darlehen zu gewähren, das nicht unter die Schuldenbremse fällt – obwohl eine Rückzahlung kaum realistisch ist? Auch das verdient mehr öffentliche Aufmerksamkeit und eine offene Debatte.
Damit lasten dauerhaft die Probleme auf den Schultern aller staatlichen Ebenen. Ohne das entsprechende Wirtschaftswachstum werden sie unlösbar. Die steuerlichen Maßnahmen des Pakets von Sofortmaßnahmen sind richtig und es ist eine ungewöhnliche Großzügigkeit der Bundesebene, die absehbaren Steuerausfälle in den Ländern und Gemeinden zu übernehmen. Das dürfte sich nur wiederholen, wenn der Bundesanteil an den Steuern steigt, was wohl keiner will. Es verpflichtet diese Ebenen, ihrerseits durch Sparen und Einnahmeverbesserungen dafür zu sorgen, dass aus Konsum nicht weitere Schulden werden.
Reformen und Einsparungen sind nötig
Der Beitrag des Bundes für alle Ebenen muss in klaren Reformen bestehen. Als erstes geht es um das Bürgergeld. Hier scheint im Gegensatz zu sonstigen Projekten auf diesem Gebiet Einigkeit zu bestehen. Die Anreize zur Arbeitsaufnahme – auch steuerpolitisch – müssen wirksamer werden, Sozialbetrug muss angegangen werden und das Wohngeld muss, auch wenn das Härten des Umzugs verursacht, geringer werden. Die Milliarden Euro an Einsparungen, von denen immer gesprochen wird, müssen auch kommen. Alle Ebenen müssen mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung die Zahl der Mitarbeiter reduzieren. Auch die Arbeitszeit darf kein Tabu sein.
Letztlich, auch wenn man bei der Koalition aus SPD und CDU/CSU aktuell wenig Hoffnung haben sollte, darf die Finanzierung der Rente nicht ein Drittel des Bundeshaushaltes ausmachen. Über 200 Milliarden Euro jährlich sollen die Zuschüsse in den kommenden Jahren erreichen – Zuschüsse für die nicht mehr verantwortbare sogenannte „Rentengarantie“ und auch für die schöne, aber keineswegs zwingende Mütterrente, einbezogen. Die Rente aus Steuermitteln ist ein Fass ohne Boden; sie würde zu massiven Steuererhöhungen für alle Einkommensgruppen führen. Da wäre Engagement für eine vernünftige Eigenvorsorge viel sinnvoller und es entstünde ein effizienterer Kapitalmarkt, was nicht nur jedem Einzelnen hilft, sondern auch das Wirtschaftswachstum befördert.
Warnung vor dem süßen Gift
Gemütlich ist das zweifellos alles nicht. In einer langfristigen Finanzplanung müssen aus heutiger Sicht 130 Milliarden Euro eingespart werden oder zum Beispiel die Mehrwertsteuer um sechs Prozentpunkte erhöht werden. Aber ökonomisch notwendig ist es allemal. Es bleibt unabdingbare Verpflichtung der Politik, Vernünftiges Wirklichkeit werden zu lassen. In den Absichtserklärungen der Bundesregierung gibt es genug Punkte, mit denen sich eine solche Politik verwirklichen lässt. Aber das süße Gift der Schulden könnte im Weg stehen, wenn man sich nicht fest bindet. Instrumente gibt es: Beginnen wir mit einem verbindlichen Tilgungsplan – ganz herkömmlich Abtragung nebst Zinsen – die ab einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Haushaltsplan geleistet werden müssen. Das verbunden mit einer verbindlichen mittelfristigen Finanzplanung, die im Zweifelsfall Umplanungen oder Kürzungen, vor neue Schulden stellt, erschwert die Anwendung des toxischen Mittels Schulden. Die Anwendung eines kaufmännischen Rechnungswesens im Allgemeinen, zumindest aber im Besonderen auf das Sondervermögen „Infrastruktur“ wäre ein weiteres vertrauensbildendes Signal an die nächsten Generationen. Da ist noch eine Menge zu tun. Daher gilt: Wer das süße Gift der Schulden verteilt, ohne es zu binden, wird sich irgendwann fragen lassen müssen: Wo ist das Geld geblieben – und warum hat es nichts verändert?